Gesunde Ernährung sollte auch nachhaltiger sein

Eine Ernährung mit weniger Fleischkonsum und mehr pflanzlichen Lebensmitteln trägt zur besseren Gesundheit bei. Ob dies auch für eine geringere Belastung der Umwelt gilt, das prüfte eine Forschergruppe am Beispiel von Nordrhein-Westfalen

 

Eine gesündere Ernährung wird von Ernährungsfachleuten immer wieder empfohlen, doch sie konnte sich in den westlichen Ländern bisher nicht genügend durchsetzen. Das hat nicht nur Folgen für die Gesundheit mit der Entstehung von Krankheiten, die von der Ernährung beeinflusst werden, sondern belastet auch die Umwelt. Erweitert man die Bewertung einer Ernährung um die ökologische Perspektive, sind noch mehr Dinge zu berücksichtigen, wie eine deutsche Studie zeigt. Im Durchschnitt verzehrt jeder EU-Bürger 950 Kilogramm Lebensmittel und Getränke pro Jahr. Das entspricht rund 27 % des gesamten, konsumbasierten, ökologischen Fußabdrucks der EU, ein Großteil davon entfällt auf tierische Produkte. Auf das Konto der Ernährung geht weltweit ein Viertel der menschlichen Emissionen an Treibhausgasen, die Viehzucht hat daran den größten Anteil.

 

Dazu gehören weiter veränderte Landnutzungen und die Entwaldung, die Versauerung von Böden und die Anreicherung von Süß- und Meerwasser vor allem mit Phosphor- und Stickstoffverbindungen. Die industrielle Landwirtschaft steht in direkter Beziehung zu unausgewogenen Kreisläufen von Nährstoffen, der Erschöpfung natürlicher Ressourcen und dem Verlust der biologischen Vielfalt in aquatischen und terrestrischen Ökosystemen. Trotz wachsender ökologischer, sozialer und ethischer Bedenken gegenüber dem Fleischkonsum steht Deutschland mit rund 60 kg Fleischverzehr pro Kopf und Jahr in der EU an der Spitze. Die Tierhaltung hat sich in Deutschland in den letzten zwei Jahrzehnten erheblich intensiviert. Zu den Folgen gehören neben erheblichen Umweltschäden die steigenden Vorkommen von Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) sowie von chronischen Krankheiten, die mit der Ernährung in Verbindung stehen. Dazu gehören Herz-Kreislauf-Krankheiten, Schlaganfälle, Diabetes und Krebs.

 

Der Weg zu einer nachhaltigeren, gesünderen Ernährung stellt eine sehr große Herausforderung dar. Künftig muss eine wachsende Bevölkerung unter den Auswirkungen des Klimawandels ernährt werden, der Ökosysteme, Landwirtschaft und die globale Gesundheit bedroht. Die „One Health-Perspektive“ ist noch ein neuerer Bereich in der Betrachtung der Ernährung, sie schließt nicht nur die optimale Gesundheit des Menschen, sondern auch die von Tieren und der Umwelt mit ein. Eine Gruppe von deutschen und österreichischen Forschern bezog in einer Studie die Ökobilanz mit ein, um die Nachhaltigkeit des Lebensmittelkonsums zu bewerten. In ihrer Analyse konzentrierten sie sich auf die Ernährung in Nordrhein-Westfalen, dem an der Bevölkerung reichsten deutschen Bundesland. Vorherrschend ist die „westliche Ernährung“, mit einem hohen Anteil an Wurst- und Fleischprodukten sowie an Fertigwaren. Die Fleischindustrie hat hier einen starken Anteil, rund 30 % der Tierhaltung in Deutschland entfallen auf Nordrhein-Westfalen. Alternativ dazu bezogen die Forscher gesündere Ernährungsweisen ein mit dem Ziel, Empfehlungen für eine nachhaltigere Ernährung zu geben und die Dimensionen von Umwelt, Mensch und Tier zu berücksichtigen. Untersucht wurde die Umstellung auf drei Ernährungsweisen, die allgemein als „gesund“ gelten: Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die mediterrane Ernährung mit mehr Fisch und Meeresfrüchten sowie die vegane Ernährung. Jede ist aus der Sicht der „One-health-Perspektive“ nachhaltig vorteilhaft, bei näherer Betrachtung zeigen sich einige Unterschiede.

 

Allgemein gilt, wer öfter auf Fleisch verzichtet und stattdessen mehr Vollkornprodukte, Gemüse und Obst isst, tut nicht nur sich selbst, sondern auch den Tieren und der Umwelt etwas Gutes. Daher gehen die Empfehlungen der DGE mit einer stärker pflanzlichen Ernährung in die richtige Richtung. Im Hinblick auf die menschliche Gesundheit sind die mediterrane und vegane Ernährung jedoch vorteilhafter. Im Detail zeigen sich in Bezug auf die Umwelt auch einige Nachteile. Die mediterrane Ernährung ist zwar sehr gesund, was viele Studien der letzten Jahre bestätigten. Sie führt aufgrund eines hohen Anteils an Nüssen und Gemüse jedoch zu einem erhöhten Wasserbedarf. Wenn zudem, wie die Forscher in ihrer Studie prüften, der Verzehr von Fleisch vollständig durch Fisch ersetzt wird, sind die Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere überraschend negativ: Da Fische und Meeresfrüchte viel kleiner sind als z.B. Kühe oder Schweine, leiden deutlich mehr Tiere unter dieser Ernährungsweise. Auch der erhöhte Verbrauch von Honig, der eine intensive Bewirtschaftung der Bienenvölker erfordert, wirkt sich negativ aus. Die vegane Ernährung schneidet in vielen Bereichen am besten ab. Allerdings ist auch die Herstellung veganer Lebensmittel mit einem erhöhten Wasserverbrauch verbunden. Außerdem müssen Veganer bestimmte Nährstoffe wie Vitamin B12, Vitamin D und Kalzium separat zu sich nehmen, da diese Mikronährstoffe mit der rein pflanzlichen Ernährung nicht genügend aufgenommen werden.

 

Alle drei Ernährungsweisen sind im Vergleich zur einer fleischreichen Kost gesünder und führen trotz einiger Kompromisse zu einem Gewinn an Nachhaltigkeit. Der Nutzen für die Gesundheit ist umso stärker, je größer der Anteil an pflanzlichen Lebensmitteln, wie Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukten, in der Ernährung ist. Einerseits kann aber der Ersatz von tierischen durch pflanzliche Proteinquellen die Wasserknappheit erhöhen. Andererseits hat ein erhöhter Verbrauch von tierischen Produkten wie Fisch, Meeresfrüchten und Honig auch negative Auswirkungen auf das Wohlergehen der Tiere. Dies unterstreicht die Rolle, die tierische Produkte für die gesamte Nachhaltigkeit der westlichen Ernährungsweise aus Sicht der One-Health-Perspektive haben. Darüber hinaus wird empfohlen, den Verzehr von Fertiggerichten und stark verarbeiteten Lebensmitteln zu senken, um die Gesundheit von Menschen, Tieren und der Umwelt zu verbessern. Tatsache ist auch, dass sich viele Menschen zu reichhaltig ernähren. Wenn die Menge an Nahrungsmitteln auf das reduziert würde, was man wirklich benötigt, könnte sich dies zusätzlich positiv auf die Gesundheit und die Umwelt auswirken.

 

Quelle
Juliana Minetto Gellert Paris et al., Changing dietary patterns is necessary to improve the sustainability of Western diets from a One Health perspective. In: Science of The Total Environment, online 6.11.2021, doi: 10.1016/j.scitotenv.2021.151437.